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Anfang des 20.Jahrhunderts herrschte unge brochener Optimismus, |
viele
glaubten, alles wäre möglich. Und das war es
auch. 1910, Zeit des letzten deutschen Kaisers
und die Zeit Theodore Roosevelts in den USA,
war eine Epoche des künstlerischen und öko-
nomischen Aufbruchs. So wurde 1910 u. a.
der berühmte Film „Frankenstein“ gedreht,
„Brücke“-Künstler wie August Macke, Erich
Heckel und andere schufen in einem wahren
Arbeitsrausch bedeutende Kunstwerke des
deutschen Expressionismus.
Viele heute noch bekannte und weniger be-
kannte Firmen wurden gegründet. 2010 können
so populäre Firmen wie die Allianz AG, Berg-
ader, Douglas, Melitta, Osram, aber auch die
Autofirmen wie Audi, Bugatti und Rolls Royce
Ihr Hundertjähriges feiern.
Auch wir können auf hundert Jahre Firmen-
geschichte zurückblicken, die aber zugleich
eine Familiengeschichte ist, vier aufeinander
folgende Generationen nahmen sich den Haar-
problemen ihrer Mitmenschen an.
1902 bestand der im September 1884 geborene
Gustav Julius Flegel die Prüfung im „Barbier-,
Friseur- und Perrückenmacher-Gewerbe“ und
machte sich
1910 mit einem Barbier- und Friseurgeschäft in
der Kleinstadt Uebigau/Elster selbstständig. Er
war, wie damals üblich, noch als Bader tätig,
konnte also auch Zähne ziehen und Blutegel
setzen, fertigte aber ebenso Frisetts (wie Haarteile
damals hießen) und Perücken in Handarbeit an.
Seine Ehe mit Anna Hedwig Flegel, geb. Jähnicken,
geboren 1885 in Fünfkirchen (Pecz/Ungarn), wurde
1922 mit der Tochter Käthe gesegnet, die schon
mit jungen Jahren fleißig im Friseurgeschäft mit-
arbeitete und oftmals die begehrlichen Blicke der
jungen Burschen auf sich zog.
Viele Naturalien ihrer ländlichen Kundschaft
erleichterten in den Hungerjahren nach dem zweiten Weltkrieg ihr Leben und das ihrer Eltern.
Ein junger Mann aus Eilenburg eroberte
schließlich Käthes Herz und
1948 heiratete sie den gleichaltrigen Fritz Veit,
den letztgeborenen von 9 Kindern. Er stammte
nicht nur aus Eilenburg, er war auch die Eile und
Zielstrebigkeit in Person. Als ausgebildeter Kauf-
mann nahm er sich der Firma an und baute sie ziel-
strebig aus. Zum ersten war es notwendig, dass er
die Friseurmeisterprüfung in Halle ablegte. Dort
beeindruckte er mit seinen kaufmännischen und
rechnerischen Talenten viele Friseur-Fachdozenten.
1954 konnte die Familie Fritz Veit mit ihrer |
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1949 geborenen Tochter Marion Anna Hedwig
in die neu gebauten Geschäfts- und Wohnräume
in der Doberluger Straße 23 in Uebigau/Elster um-
ziehen. Von da an ging es mit der Firma bergauf.
Ein Student mit totalem Haarausfall gab den An-
stoß, sich neben dem Haarschnitt wieder mit Haar-
arbeiten zu beschäftigen. Der damaligen Mode
entsprechend wurden verstärkt Haarteile und
Perücken nachgefragt, die mühevoller Handarbeit
geknüpft wurden. Fritz Veit grübelte und probierte
nächtelang, wie diese Haararbeiten maschinell
herzustellen wären, denn ein großer Mitbewerber
wollte sein Know-how nicht preisgeben. Und ihm ge-
lang der Durchbruch, die Firma konnte fortan viele
Kunden aus der näheren und weiten Umgebung
mit Haararbeiten in Maßanfertigung versorgen.
Ihre Tochter Marion, in deren Adern immer noch
ein wenig ungarisches Blut von ihrer Großmutter
kreiste, arbeitete nach Abitur und Friseurlehre im
elterlichen Betrieb verstärkt an der Perücken-
Entwicklung, und schloss die
1976 begonnenen Meisterlehrgänge an der Hand-
werkskammer Cottbus 1978 mit dem Meisterbrief
für das Friseurhandwerk ab.
1976 hatte sie den Dipl.-Grafiker Helmut Pfeifer
geheiratet und das Paar zog nach Berlin, da er die
künstlerische Leitung in einem Berliner Verlag über-
nahm. Nach Berlin als dem Ort, an dem bereits
ihre Großmutter gelebt hatte, so schloss sich der Kreis.
1978 gründete Marion Pfeifer eine Perücken-
macherei in Berlin und musste dazu einen über-
nommenen Friseurladen umbauen. Ein ange-
sprochener älterer Handwerker reagierte in seiner
typisch Berliner Art: „Wat, so `n jrünes Ding, unn
schon`n Jeschäft?“ Mit ihren Fachkenntnissen wur-
de Marion Pfeifer mit offenen Armen empfangen,
denn die AOK suchte dringend einen Perücken-
macher in Berlin, denn die wöchentlichen Sprech-
stunden eines aus dem Vogtland herbeieilenden
Perückenmachers inden AOK-Räumen waren ihr
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