Schönhauser Allee 118. 10437 Berlin
Anfang des 20.Jahrhunderts herrschte unge brochener Optimismus,  
viele glaubten, alles wäre möglich. Und das war es auch. 1910, Zeit des letzten deutschen Kaisers und die Zeit Theodore Roosevelts in den USA, war eine Epoche des künstlerischen und öko- nomischen Aufbruchs. So wurde 1910 u. a. der berühmte Film „Frankenstein“ gedreht, „Brücke“-Künstler wie August Macke, Erich Heckel und andere schufen in einem wahren Arbeitsrausch bedeutende Kunstwerke des deutschen Expressionismus. Viele heute noch bekannte und weniger be- kannte Firmen wurden gegründet. 2010 können so populäre Firmen wie die Allianz AG, Berg- ader, Douglas, Melitta, Osram, aber auch die Autofirmen wie Audi, Bugatti und Rolls Royce Ihr Hundertjähriges feiern. Auch wir können auf hundert Jahre Firmen- geschichte zurückblicken, die aber zugleich eine Familiengeschichte ist, vier aufeinander folgende Generationen nahmen sich den Haar- problemen ihrer Mitmenschen an.

1902 bestand der im September 1884 geborene Gustav Julius Flegel die Prüfung im „Barbier-, Friseur- und Perrückenmacher-Gewerbe“ und machte sich

1910 mit einem Barbier- und Friseurgeschäft in der Kleinstadt Uebigau/Elster selbstständig. Er war, wie damals üblich, noch als Bader tätig, konnte also auch Zähne ziehen und Blutegel setzen, fertigte aber ebenso Frisetts (wie Haarteile damals hießen) und Perücken in Handarbeit an. Seine Ehe mit Anna Hedwig Flegel, geb. Jähnicken, geboren 1885 in Fünfkirchen (Pecz/Ungarn), wurde

1922 mit der Tochter Käthe gesegnet, die schon mit jungen Jahren fleißig im Friseurgeschäft mit- arbeitete und oftmals die begehrlichen Blicke der jungen Burschen auf sich zog. Viele Naturalien ihrer ländlichen Kundschaft erleichterten in den Hungerjahren nach dem zweiten Weltkrieg ihr Leben und das ihrer Eltern. Ein junger Mann aus Eilenburg eroberte schließlich Käthes Herz und

1948 heiratete sie den gleichaltrigen Fritz Veit, den letztgeborenen von 9 Kindern. Er stammte nicht nur aus Eilenburg, er war auch die Eile und Zielstrebigkeit in Person. Als ausgebildeter Kauf- mann nahm er sich der Firma an und baute sie ziel- strebig aus. Zum ersten war es notwendig, dass er die Friseurmeisterprüfung in Halle ablegte. Dort beeindruckte er mit seinen kaufmännischen und rechnerischen Talenten viele Friseur-Fachdozenten.

1954 konnte die Familie Fritz Veit mit ihrer
 
1949 geborenen Tochter Marion Anna Hedwig in die neu gebauten Geschäfts- und Wohnräume in der Doberluger Straße 23 in Uebigau/Elster um- ziehen. Von da an ging es mit der Firma bergauf. Ein Student mit totalem Haarausfall gab den An- stoß, sich neben dem Haarschnitt wieder mit Haar- arbeiten zu beschäftigen. Der damaligen Mode entsprechend wurden verstärkt Haarteile und Perücken nachgefragt, die mühevoller Handarbeit geknüpft wurden. Fritz Veit grübelte und probierte nächtelang, wie diese Haararbeiten maschinell herzustellen wären, denn ein großer Mitbewerber wollte sein Know-how nicht preisgeben. Und ihm ge- lang der Durchbruch, die Firma konnte fortan viele Kunden aus der näheren und weiten Umgebung mit Haararbeiten in Maßanfertigung versorgen. Ihre Tochter Marion, in deren Adern immer noch ein wenig ungarisches Blut von ihrer Großmutter kreiste, arbeitete nach Abitur und Friseurlehre im elterlichen Betrieb verstärkt an der Perücken- Entwicklung, und schloss die

1976 begonnenen Meisterlehrgänge an der Hand- werkskammer Cottbus 1978 mit dem Meisterbrief für das Friseurhandwerk ab.

1976 hatte sie den Dipl.-Grafiker Helmut Pfeifer geheiratet und das Paar zog nach Berlin, da er die künstlerische Leitung in einem Berliner Verlag über- nahm. Nach Berlin als dem Ort, an dem bereits ihre Großmutter gelebt hatte, so schloss sich der Kreis.

1978 gründete Marion Pfeifer eine Perücken- macherei in Berlin und musste dazu einen über- nommenen Friseurladen umbauen. Ein ange- sprochener älterer Handwerker reagierte in seiner typisch Berliner Art: „Wat, so `n jrünes Ding, unn schon`n Jeschäft?“ Mit ihren Fachkenntnissen wur- de Marion Pfeifer mit offenen Armen empfangen, denn die AOK suchte dringend einen Perücken- macher in Berlin, denn die wöchentlichen Sprech- stunden eines aus dem Vogtland herbeieilenden Perückenmachers inden AOK-Räumen waren ihr